Tröpfchen für Tröpfchen Qualität?
Hauptsache drin: Tropfen und Säfte richtig dosieren
Flüssige Arzneiformen zum Einnehmen – also Tropfen und Säfte – haben ihre Vorteile:
- Im Gegensatz zu Tabletten können sie individuell dosiert werden. Je nach Alter, Körpergewicht oder auch abhängig von der Symptomstärke kann die benötigte Wirkstoffmenge einfach angepasst werden.
- Tropfen und Säfte sind eine gute Alternative, wenn Tabletten Probleme beim Schlucken machen.
- Sie gelangen schneller in den Dünndarm als Tabletten, werden deshalb meistens zügiger resorbiert und können so schneller wirken.
So weit, so gut! Ich könnte den Text hier beenden, wenn es nicht ein paar fette „ABERs“ gäbe!
Denn: Tropfen und Säfte müssen korrekt abgezählt bzw. abgemessen werden.
Du meinst, bis 20 zählen oder einen Messlöffel zur Hälfte füllen kann doch nicht so schwer sein?
Nach dem aktuellen Bericht zur Arzneimittelsicherheit des BfArM (das ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) sind für Dosierungsfehler bei flüssigen Arzneimitteln überwiegend „menschliche Faktoren“ verantwortlich.
Missverständliche Dosierungsangaben und falsche Handhabung der Dosierhilfen sind dabei die häufigsten Fehler.
Solche Fehler können besonders schwerwiegend sein, weil sie oft bei sensiblen Patientengruppen wie Kindern und über 65-jährigen passieren.
TROPFEN
Hast du dir so ein Tropffläschchen schon einmal genauer angesehen?
Vielleicht ist dir dabei aufgefallen, dass die Tropfeinsätze nicht immer gleich aussehen.
Bei manchen Präparaten befindet sich das Austrittsröhrchen für die Flüssigkeit in der Mitte (diese nennt man Zentraltropfer), bei anderen am Rand (diese nennt man – Überraschung! – Randtropfer).

Dieser Unterschied im Tropfsystem ist dafür verantwortlich, dass ein Tropfen nicht gleich ein Tropfen ist!
Ist dir aufgefallen, dass ich das Fläschchen mit dem Zentraltropfer senkrecht abgebildet habe, das mit dem Randtropfer aber schräg?
Diese unterschiedlichen Tropfpositionen solltest du dir gut einprägen: Zentraltropfer = senkrecht, Randtropfer schräg im 45 ° Winkel!
Zentraltropfer musst du unbedingt senkrecht halten. Durch eine Schrägstellung würden die Tropfen um bis zu 25 Prozent kleiner werden. Genaugenommen werden aus 10 Tropfen auf diese Weise nur 7,5.
Das Problem: Wir neigen generell dazu, Tropffläschchen schräg zu halten. Auch 9 von 10 Patienten dosieren ihre Tropfen lieber so, weil die Schrägstellung die Tropfgeschwindigkeit reduziert. Aber leider halt auch die Dosis.
Bei Arzneimitteln, wie pflanzlichen Hustentropfen ist das natürlich weniger relevant, als bei Präparaten wie etwa starkwirksamen Schmerzmitteln.
Was musst du außer der richtigen Position noch beachten?
- Tropfflaschen mit Zentraltropfer solltest du nicht schütteln. Dadurch kann Flüssigkeit das Belüftungsröhrchen gelangen und dieses verstopfen. Was du tun kannst: Vorsichtig auf den Flaschenboden klopfen.
- Keinesfalls darfst du mit Kanülen oder ähnlichen Gegenständen in der Tropföffnung herumstochern! Eine korrekte Dosierung kann anschließend nicht mehr gewährleistet werden!
- Tropfen sollten immer erst kurz vor der Vergabe gestellt werden, da sich viele Wirkstoffe durch den Kontakt mit dem Sauerstoff in der Luft verändern können.
- Vergiss nicht, das Anbruchdatum bzw. die Aufbrauchfrist zu notieren und auch zu kontrollieren!
- Überprüfe beim Austausch von Tropfenpräparaten durch Präparate anderer Hersteller, z.B. aufgrund von geltenden Rabattverträgen, die erforderliche Tropfenanzahl. Denn trotz identischem Wirkstoff in identischer Konzentration kann die Tropfenmenge pro Dosis bei verschiedenen Herstellern variieren.
- Und denke daran: Kaffee, Tee, Milch oder Grapefruitsaft sind keine geeigneten Getränke zum Mischen oder Nachtrinken!
Sonderfall: Pumpen ist nicht gleich Tropfen!
Bei manchen Präparaten kommt eine weitere Fehlerquelle dazu: die Dosierpumpe.
Du musst unbedingt beachten, dass 1 Hub der Dosierpumpe nicht 1 Tropfen entspricht.
Bitte überprüfe die Dosierung immer anhand der Packungsbeilage. Dort ist aufgeführt, wie vielen ml bzw. mg Wirkstoff ein Pumpenhub entspricht.
Praxistipp: Halte Flaschen mit Dosierpumpen beim Pumpen senkrecht oder nur leicht geneigt, damit das Steigrohrende immer in die Lösung tauchen kann.
SÄFTE
Zu den Säften zählen Lösungen, Suspensionen und natürlich auch zubereitete Trockensäfte.
Wo sind die Unterschiede?
- In der Lösung ist der Arzneistoff in einem Lösungsmittel, wie z.B. Wasser oder Alkohol, komplett gelöst. Schütteln ist daher nicht erforderlich.
- Bei Suspensionen handelt es sich um feste Wirkstoffteilchen, die in einer Flüssigkeit verteilt sind, sich dort aber nicht auflösen. Die Wirkstoffteilchen sinken im Stehen nach unten ab. Deshalb müssen Suspensionssäfte vor dem Gebrauch immer gut geschüttelt werden. Aus dem gleichen Grund kannst du sie auch nicht im Voraus bereitstellen, die Dosierung muss unmittelbar vor der Verabreichung erfolgen.
- Zubereitete Trockensäfte können entweder Lösungen oder Suspensionen sein.
Verwende für Säfte bitte stets die vom Hersteller beigefügten Dosierhilfsmittel, wie Messbecher, Messlöffel oder Dosierspritze.
Die Dosierungs-Fehlerrate ist in der Regel bei Dosierspritzen am geringsten und bei Messlöffeln am höchsten.
Auch, wenn in manchen Lehrbüchern noch Umrechnungstabellen genannt werden:
Verwende niemals einfache Teelöffel, denn Teelöffel sind nicht genormt! Das Volumen kann zwischen weniger als 5 ml und mehr als 7,5 ml schwanken.
Praxistipp:
Du benutzt einen Messbecher?
Stelle diesen auf einen Tisch und knie dich davor, damit du mit dem Messbecher auf Augenhöhe bist.
In dieser Position kannst du die Messstriche genau mit dem eingefüllten Volumen vergleichen!
Sonderfall: Trockensäfte
Trockensäfte sind Wirkstoffpulver oder Wirkstoffgranulate, die erst unmittelbar vor dem ersten Gebrauch mit Wasser zubereitet werden und dadurch zu einer Lösung oder einer Suspension werden.
Das macht man mit Wirkstoffen, die sich bei längerer Lagerung in Wasser zersetzen und aus diesem Grund nur sehr kurz haltbar wären.
Das solltest du bei der Zubereitung und Dosierung von Trockensäften beachten:
- Schüttle das Pulver in der noch verschlossenen Flasche auf, um Pulvernester zu lockern.
- Fülle mit Leitungswasser bis knapp unterhalb der Markierung auf, verschließe die Flasche und schüttle kräftig.
- Warte, bis sich der entstandene Schaum abgesetzt hat.
- Fülle nochmal bis zur Markierung mit Leitungswasser auf und schüttle nochmal gründlich.
- Die meisten Trockensäfte sind Suspensionssäfte. Du musst sie daher vor jeder Vergabe gründlich schütteln.
Je nach Wirkstoff müssen Trockensäfte nach ihrer Zubereitung im Kühlschrank oder bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Das kannst du in der Packungsbeilage nachlesen.
Vergiss nicht, das Anbruchdatum bzw. die Aufbrauchfrist zu notieren und auch zu kontrollieren!

