Von Flugzeugen und Medikamenten
Wenn jede Woche ein vollbesetztes Flugzeug über Deutschland abstürzen würde – würdest du noch fliegen wollen?
Fliegen war bis Anfang der 1970er Jahre tatsächlich noch ganz schön riskant.
Die Unfälle in der Luft nahmen ständig zu, was die NASA veranlasste, sich gemeinsam mit anderen amerikanischen Flugunternehmen auf Ursachensuche zu machen.
Das überraschende Ergebnis: Nicht etwa die Technik oder Materialermüdung waren die häufigsten Gründe für Zwischenfälle. Es waren menschliche Faktoren, wie z.B. ein Mangel an Wissen, schlechte Kommunikation, sowie Erschöpfung und Stress.
Mit diesen Erkenntnissen entwickelten amerikanische Fluggesellschaften das sogenannte Cockpit Resource Management, oder kurz: CRM.
Mit diesem Trainingskonzept, das für Beschäftigte in der Luftfahrt inzwischen seit langem verpflichtend ist, wird das Verhalten in Risikosituationen geschult. Und so gehört heute das Flugzeug zu den sichersten Verkehrsmitteln.
Spätestens jetzt fragst du dich bestimmt, was das mit Arzneimitteln zu tun hat!
Wusstest du, dass in Deutschland die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit vermeidbaren Arzneimittelwechselwirkungen auf 16.000 bis 25.000 pro Jahr geschätzt wird?
Das entspricht mindestens einem Flugzeugabsturz pro Woche!
Aber während seit den 1970er Jahren durchgängig an einer Verbesserung der Flugsicherheit gearbeitet wurde, hat sich bei der Reduzierung der Risiken in der Arzneimitteltherapie leider zu wenig getan.
Es ist also an der Zeit, dass wir uns mit dem komplizierten Begriff
ARZNEIMITTELTHERAPIESICHERHEIT befassen. Oder kurz: AMTS:
Was bedeutet AMTS? Hier die offizielle Definition:
„AMTS umfasst sämtliche Maßnahmen, die einen optimalen Medikationsprozess gewährleisten. Ziel ist es, Medikationsfehler zu verringern. Als Medikationsfehler gilt ein Abweichen von dem für den Patienten optimalen Medikationsprozess, das zu einer grundsätzlich vermeidbaren Schädigung führt oder führen könnte.
Medikationsfehler können jeden Schritt des Medikationsprozesses betreffen und von allen an diesem Prozess Beteiligten verursacht werden: von Ärzten, Apothekern oder Angehörigen anderer Gesundheitsberufe sowie von Patienten und deren Angehörigen.“
Schon bei der Diagnosestellung kann theoretisch ein Medikationsfehler eintreten. Klingt komisch? Wird eine Fehldiagnose gestellt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Medikament nicht passen wird.
Bei korrekter Diagnose kann die Verordnung fehlerhaft sein, wenn etwa eine ungeeignete Darreichungsform oder Dosierung gewählt wird oder Kontraindikationen nicht beachtet werden.
Im nächsten Schritt löst die Patientin/ der Patient das Rezept vielleicht nicht ein. Auch das zählt als Medikationsfehler.
Und klar können auch wir Apotheker*innen Fehler machen, indem wir nicht ausreichend informieren, falsch informieren, Interaktionen nicht erkennen oder - meine persönliche Horrorvorstellung! - das falsche Medikament abgeben.
Du glaubst, wenn bis hierher alles glattgegangen ist, kann ja nicht mehr viel passieren?
Jetzt wird es erst richtig spannend, denn jetzt kommt dein Part: die Applikation!
„Applikation“ kommt vom lateinischen Wort applicare, das bedeutet „zusammenfügen“. Es beschreibt die Art und Weise, wie ein Arzneimittel verabreicht wird und wie es mit unserem Organismus in Verbindung tritt.
Und gerade bei Arzneimitteln gilt eben nicht: Hauptsache, drin!
Was kannst du tun, wenn Schwierigkeiten beim Tablettenschlucken bestehen? Wenn die gigantische Tablette um nichts in der Welt den Rachen hinabgleiten will? Darfst du sie dann einfach teilen oder gar mörsern?
Und ist der Zeitpunkt der Einnahme tatsächlich so wichtig? Denn dabei geht es nicht nur um die Frage, ob vor oder nach dem Essen. Auch die Tageszeit kann entscheidend sein.
Tabletten verabreichen, Schmerzpflaster kleben, Augenarzneien tröpfeln, Insulinpatrone wechseln, TTS kleben – Herausforderungen gibt es im Überfluss.
Für die korrekte Applikation und damit das Gelingen der Therapie bist du als Pflegefachkraft oder pflegende/r Angehörige/r verantwortlich.
Ich möchte dir in diesem Blog gerne die nötigen Informationen geben und dir helfen.

